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Im Wortschatzdschungel. Welchen Wortschatz soll man beim Deutschlernen beherrschen?

Im Wortschatzdschungel. Welchen Wortschatz soll man beim Deutschlernen beherrschen?

 

Eine der größten Herausforderungen, die Fremdsprachenlernende zu bewältigen haben, ist das Erlernen

des neuen Wortschatzes. Die Liste der Vokabeln wird bei jedem Niveau immer länger, dazu ist Deutsch

für seine langen Komposita bekannt, womit sich viele schwertun. Ist das Wortschatzlernen wirklich so

wichtig? Wenn ja, dann welchen deutschsprachigen Wortschatz soll man lernen, um schnell das

erträumte Sprachniveau zu erreichen?

Die Antwort auf die erste Frage ist relativ einfach – Vokabeln lernen ist ein Schlüssel für die

Kommunikation. Ohne Wortschatzkenntnisse sagen Sie nicht viel. Wenn man das Wort nicht weiß, kann

man es natürlich umschreiben, dafür braucht man aber wiederum andere Wörter. Eigentlich könnte man

sagen, dass die Kommunikation in der Fremdsprache mit Wörtern beginnt. Mit ihnen bauen wir Sätze, mit

Sätzen – Aussagen. Die Zeit, die man in das Wortschatzlernen investiert, ist nie vertane Zeit.

 

Aber was bedeutet eigentlich Wortschatz lernen? Welche Wörter brauche ich? Welche deutschsprachigen

Wörter sind für mich wichtig? Worauf soll man besonders seien Aufmerksamkeit lenken?

Am besten lassen sich diese Fragen beantworten, indem man zur Einteilung der Sprachniveaus in die

Stufen A1-A2, B1-B2 und C1-C2 greift. Auf jedem Niveau sieht das Wortschatzlernen anders aus, aber

immer wird es auf die Ziele ankommen, die beim jeweiligen Level zu erreichen sind. Wichtig: Lernen Sie

die Vokabeln nicht, um sie beim Abfragen in Ihre Muttersprache übersetzen zu können und um zu wissen,

wo sie in Ihrem Buch oder Heft stehen. Die Kommunikation ist unser oberstes Ziel.

Laut Gemeinsamem Europäischem Referenzrahmen für Sprachen (GER, EU-Dokument, das präzise

beschreibt, welche Sprachkompetenzen auf jedem Sprachniveau zu entwickeln sind) soll man auf dem

Niveau A1 den grundlegenden Wortschatz, also alltägliche Ausdrücke, verstehen und benutzen können,

sowie sich und andere vorstellen, einfache Fragen zu alltäglichen Themen stellen und einfache Gespräche

führen können. Diese Fertigkeiten werden dann auf dem Niveau A2 weiterentwickelt, sodass man in

einfachen, alltäglichen Situationen kommunizieren kann. Aber was bedeutet das eigentlich und wie kann

man diese Richtlinien auf das Lernen des Wortschatzes übertragen?

 

 

Das gute Beherrschen der festen Wendungen auf den Levels A1 und A2 ist unheimlich wichtig, denn es

liegt den weiteren Sprachkompetenzen zugrunde. Es lohnt sich also gute Lerngewohnheiten und

entsprechende Vokabeln-Lernstrategien zu entwickeln. Auf der Niveaustufe A1, insbesondere am Anfang

des Deutschlernens, ist es ratsam, ganze Sätze und Wendungen auswendig zu lernen. Es kann sich

komisch anfühlen, wenn die/der Lehrer*in Sie die ganzen Dialoge auswendig lernen lässt, aber Sie

können sich darauf verlassen. Durch Auswendiglernen der Wendungen und Strukturen bilden Sie ein

Gerüst, mithilfe dessen Sie dann weitere Sätze bauen können. Das ist eine „Sprach-Komfortzone“ – Zeit,

sich mit dem Satzrahmen und der Sprachmelodie vertraut zu machen und wahrzunehmen, wie die

Sprache tickt. Auswendig gelernte feste Wendungen erlauben Ihnen, standardisierte Sätze und einfache

Aussagen zu formulieren, die Ihnen dann beim weiteren Deutschlernen als Basis für mehr ausgebaute

Aussagen dienen werden. Bei A1 geht es also mehr um Lernen fertiger Sätze und Strukturen als einzelner

Wörter.

Sie werden sie später brauchen, wenn sie schon die grundlegenden Formulierungen und Wendungen

beherrscht haben. Wenn sie über die festen Wendungen verfügen, können Sie die einzelnen Elemente im

Satz wegnehmen und durch andere ersetzen. Durch Einsatz gelernter Strukturen können Sie z. B. im

Restaurant bestellen: Ich hätte gern, um die Rechnung bitten: Ich möchte bitte zahlen oder sich nach der

Zahlung mit Karte erkundigen: Kann ich mit Karte zahlen? Dazu ist es aber auch wichtig, dass Sie über

ein bestimmtes Reservoir an Wortschatz verfügen, der für die jeweilige Situation relevant ist (z. B.

verschiedene Speisen benennen). Denken Sie auch an Ihre Lernautonomie. Jeder von uns hat Wörter, die

für ihn aus verschiedenen Gründen wichtig sind und die er in der Fremdsprache kennen will. Wenn Sie

zum Beispiel die Pizza mit Thunfisch mögen und immer bestellen: Ich mag Thunfisch, und wenn Sie

Allergie gegen Ananas haben: Ich bin allergisch gegen Ananas. Es ist praktisch zu wissen, wie man das

formuliert, auch wenn man diese Formulierungen in den Lehrwerken bei der Lektion z. T. Bestellen in

Restaurant nicht findet.

 

 

Die Niveaustufen B1 und B2 sind die Mittelstufen. Nach der Teilnahme am Kurs B1 sollte man nach

GER die meisten alltäglichen Kommunikationssituationen bewältigen können und zusammenhängende

Äußerungen über vertraute Themen und Ereignisse sowie Meinungen und Bewertungen formulieren, aber

auch über abstrakte Dinge sprechen können, z. B. seine Emotionen oder Erwartungen zum Ausdruck

bringen. Auf dem Niveau B2 wird schon die fließende Kommunikation, die aktive Teilnahme an

Diskussion, Erörterung verschiedener Aspekte und klare Erläuterung der Standpunkte erwartet. Die

Niveaustufen B1 und B2 sind auch mit dem deutschen Berufswortschatz verbunden – Stellenangebote,

Vorstellungsgespräche, Zuständigkeiten usw. Was bedeutet das im Kontext der Wortschatzlernens?

Erstens – viel mehr Wortschatz zum Lernen. Die Texte sind länger und umfassen ein breiteres

Wortschatzspektrum, das oft mit dem Berufsalltag verbunden ist. Und hier werden die richtigen

Wortschatzlernstrategie sehr wichtig. Denken Sie daran, dass sie nicht im Stande sind, alles zu

beherrschen. Die Methode, die in Auflisten und Pauken aller neuen Vokabeln, die im Unterricht

aufgetaucht sind sind, besteht, wird sich nie bewähren. Statt sich zu hohe Ziele zu setzten, sollten Sie

lieber die Wörter wählen, die Ihnen wichtig erscheinen, die Sie lernen möchten und dann gut gebrauchen

können. Wenn Sie sich auf ein Vorstellungsgespräch auf Deutsch vorbereiten, wäre es ratsam, sich die

Redemittel für diese Situation anzueignen, aber wenn Sie das in der nächsten Perspektive nicht vorhaben

aber wissen, dass Sie die Kolleginnen und Kollegen von der deutschen oder österreichischen Filiale Ihrer

Firma besuchen werden, dann sollten Sie vielleicht wiederholen, wie man am Smalltalk auf Deutsch

teilnehmen und die Gäste durch die Firma in ihrer Sprache führen kann.

Zweitens vergessen Sie die Standardformulierungen nicht. Auf den Niveaustufen B1 und B2 erwartet man

die Kommunikationsfähigkeit in konkreten Situationen, z. B. eine Präsentation halten, an einer

Diskussion oder einem Vorstellungsgespräch teilnehmen. Das sind mehr oder weniger formale

Situationen, bei denen man sich standardisierter fester Wendungen bedient, die für die jeweilige Situation

typisch sind: In meiner Präsentation geht es um das Thema..., Ich bin der Ansicht, dass..., Danke für die

Einladung zum Gespräch. Jedes Lehrwerk beinhaltet solche Redemittel, die Ihnen helfen, sich auf die

Teilnahme an diesen Kommunikationssituationen vorzubereiten. Sie sind sehr praktisch und hilfreich, also

betrachten Sie sie nicht als eine langweilige Liste von Wendungen zum Lernen, sondern als Freunde, die

Ihnen beim Lernen des Wortschatzes helfen.

 

 

Und welchen Wortschatz lernt man auf den Niveaustufen C1 und C2? Die Ziele des GER besagen nur,

dass man sich hier spontan und fließend ausdrücken soll, indem man die richtigen Formulierungen

mühelos findet und zwar sowohl bei gesellschaftlichen, als auch berufs- und ausbildungsbezogenen

Situationen. Bei C2 wird davon ausgegangen, dass Sie die Fremdsprache wie Muttersprachler*innen

verstehen und verwenden. Das ist ein sehr breites Spektrum und gibt uns keine eindeutigen Informationen

darüber, auf welchen Wortschatz man sich konzentrieren soll. Berufs- oder ausbildungsbezogene

Situationen ist ein sehr umfangreicher Begriff, Sie sollen sich also nach Ihren Zielen fragen, weil davon

Ihr Wortschatzlernen abhängen wird.

Wenn Sie Deutsch lernen, um im Beruf verhandeln oder geschäftlichen Briefverkehr führen zu können,

wird der Business-Wortschatz für Sie wichtig sein, aber falls Sie Kunstgeschichte studieren und sich auf

ein Auslandssemester an der Uni Wien vorbereiten, konzentrieren Sie sich lieber auf den Wortschatz im

Bereich Kunst statt auf geschäftliche Korrespondenz. Wenn Sie gern reisen und sich vorgenommen

haben, österreichische Weingärten zu besichtigen oder durch die Alpen zu wandern, wird für Sie

bestimmt der Wortschatz im Bereich Touristik von Bedeutung sein. Wenn Sie aber als Arzt/Ärztin in

Deutschland tätig sein wollen, investieren Sie lieber in das Üben des Medizinwortschatzes und der

Fachformulierungen in dieser Branche. Zusammenfassend: auf diesem Niveau sollen Sie schon selbst

bestimmen können, was Ihnen wichtig ist und in welchem Bereich Sie Ihre Deutschkenntnisse

weiterentwickeln wollen.

Selbstverständlich unabhängig davon, wie lange Sie Deutsch lernen und wie gut sie es beherrschen ,

denken Sie daran, dass die neu gelernten Vokabeln beim Sprechen und Schreiben eingesetzt werden

sollen. Dadurch wird Ihr Deutschlernen am meisten effektiv

 

Piotr Stefański